Nichtplanmäßige Verfahren
Nichtplanmäßige Verfahren werden eingeleitet, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert. Dies muss nicht gleich ein Notfall sein, dient in der Regel aber dazu, frühzeitig „Schlimmeres“ zu verhindern.
In diesem Submodul werden einige dieser Verfahren beispielhaft besprochen, wie etwa:
- Kollisionsgefahren,
- GNSS- oder Kompassfehler,
- Sichtverlust,
- kritische Wetterbedingungen und
- ein Absturz.
„Abnormale“ Situationen
Während eines Fluges können jederzeit Notfälle eintreten, die ein unmittelbares Handeln erfordern, auf die Sie also vorbereitet sein müssen. Häufig sind solche Notfälle bereits frühzeitig erkennbar und kündigen sich an, wodurch sie auch vermeidbar sind. Bevor es also zu einer ernsthaften Gefahr – einem Notfall – kommt, tritt oft eine so genannte „abnormale Situation“ ein.
Der englische Begriff “abnormal situation” verweist auf eine nicht geplante Situation, in welcher Sie als Fernpilot gewissen Einschränkungen unterliegen. Diese können den Betrieb oder die Technik des UAS betreffen. Im Unterschied zu einer Notsituation ist die Sicherheit von Personen dabei nicht unmittelbar in Gefahr, Sie als Fernpilot können den Flug aber nicht wie geplant fortsetzen, sondern müssen ggf. landen oder zurückkehren.
Beispiele für eine “abnormale Situation” wären:
- Der unvorhergesehene Überflug unbeteiligter Personen,
- eine plötzlich eintretende Wetterverschlechterung,
- die deutlich schnellere Entladung der Batterie oder
- ein ungewöhnliches, aber kontrollierbares Flugverhalten des UAS.
Seien Sie auf solche und weitere “abnormale Situationen” gut vorbereitet, indem Sie diese Möglichkeiten vorab durchgehen, üben und sich an Checklisten halten. Auch das UAS-Betriebshandbuch muss in diesen Fällen berücksichtigt werden, da es häufig UAS-spezifische Verfahren angibt. Wichtig ist, dass Sie einen „Plan B“ für solche Situationen haben und diesen am besten auch vorher geübt haben.
Halten Sie sich immer vor Augen: Je besser Sie auf eine abnormale oder Notsituation vorbereitet sind, umso geringer wird in der Regel der Schaden ausfallen!
Notverfahren
In einigen Situationen ist es notwendig oder lässt sich eventuell gar nicht abwenden, dass das unbemannte Luftfahrzeug eine außerplanmäßige Landung durchführt. Dabei kann zwischen einer Not- und einer Sicherheitslandung unterschieden werden. Bei einer Notlandung bleiben dem Fernpiloten oft nur begrenzte Entscheidungsmöglichkeiten und es wird ein schnelles Handeln verlangt. Es handelt sich also um eine erzwungene Landung, weil die Situation es unmöglich macht, sich in der Luft zu halten. Beispiele wären ausgefallene Motoren oder ein stark beschädigtes Propellerblatt.
Wird eine schwierige Situation hingegen rechtzeitig erkannt, kann der Fernpilot sich für eine Sicherheitslandung entscheiden. Dabei bleibt in der Regel mehr Zeit für eine Entscheidungsfindung und es bestehen keine gravierenden technischen Mängel, so dass wichtige Funktionen nicht eingeschränkt sind. Beispiele wären ausgefallene Sensoren oder Instrumente, die die Flug- und Steuerungsfähigkeit nicht beeinträchtigen oder sich verschlechternde Wetterverhältnisse.
Abhängig vom UAS-Typ und dem internen Flugregler müssen Sie dabei möglicherweise auch manuell die Kontrolle über das unbemannte Luftfahrzeug übernehmen. Alternativ kann bei vielen UAS ein „Return-to-Home“-Manöver eingeleitet werden. Dieser so genannte „Return-to-Home“-Modus wird vom UAS selbst ausgelöst und führt dieses zu seiner Ausgangsposition zurück. Es ist äußerst wichtig, dass Sie den richtigen und für die Umgebung geeigneten Modus für das RTH-Manöver eingestellt haben.
Wenn Sie von hohen Bäumen umgeben sind, sollte der RTH-Modus beispielsweise auf eine ausreichend sichere Höhe eingestellt werden. Achten Sie beim Durchgehen der Checkliste vor dem Flug auf diesen Punkt. Beispiele für den RTH-Modus wären ein kritischer Batteriestand, der Verlust der Funkverbindung oder Probleme mit der Fernsteuerung.
In jedem Fall müssen Sie als Fernpilot auch weiterhin eingreifen können, wenn es beispielsweise zu einer kritischen Situation während des Manövers kommt. Die meisten UAS bieten auch die Möglichkeit, den RTH-Modus manuell zu aktivieren.
Kollisionsgefahr
Wenn Sie plötzlich mit einem anderen Luftraumnutzer innerhalb ihres Flugbereiches konfrontiert werden, liegt es in Ihrer Verantwortung, die Gefahr sofort zu beseitigen. Dies können beispielsweise ein Heißluftballon, ein Rettungshubschrauber, ein anderes unbemanntes Luftfahrzeug oder ein Sportflugzeug sein. In jedem Fall müssen Sie davon ausgehen, dass der andere Luftraumnutzer Sie nicht gesehen hat, und diesem entsprechend ausweichen!
Dabei geht es zunächst ausschließlich um Kollisionsvermeidung und nicht um das Rechtsverhältnis. Die sicherste Möglichkeit die Kollisionsgefahr zu beseitigen besteht in der Durchführung einer sofortigen Sicherheitslandung. Alternativ können Sie das UAS sehr tief über dem Boden schweben lassen – natürlich unter Berücksichtigung von Hindernissen und Personen. Wenn Sie ein Starrflügel-UAS bedienen, können Sie diese in einer sicheren Höhe Kreise fliegen lassen.
GNSS- oder Kompassfehler
Ein fehlerhafter Kompass oder Probleme mit dem Satellitenempfang des GNSS können zu einem seltsamen Verhalten des unbemannten Luftfahrzeuges führen – beispielsweise das Drehen schneller Kreise oder das Fliegen in eine nicht programmierte oder beabsichtigte Richtung.
Insbesondere im Gebirge, in Straßenschluchten oder im Wald kann es zu Abschattungen der Satellitensignale und damit verbundenen Empfangsproblemen kommen. Auch hinter größeren Hindernissen ist eine Abschattung möglich. Das Satellitensignal kann dadurch ungenau werden oder im schlimmsten Fall vollkommen abreißen, sodass eine Satellitennavigation nicht mehr möglich ist.
Ein RTH-Manöver hilft in diesem Fall nicht, weil das UAS die Ausgangsposition nicht finden würde.
Eine gute Lösung wäre es, nun in den manuellen oder stabilisierten Höhenmodus wechseln. Dabei muss jedoch bedacht werden, dass der Wind das unbemannte Luftfahrzeug sofort erfasst und sie abdriften lässt. Das UAS kann nun entweder manuell zurückgeflogen oder umgehend gelandet werden. Dies ist der Grund, warum professionelle Fernpiloten nachweisen müssen, dass sie im manuellen Modus Manöver ausführen können. Diese Fähigkeit zu Erlernen und regelmäßig zu Üben ist also in jedem Fall sehr empfehlenswert, auch wenn es nicht vorgeschrieben ist.
Kritisches Wetter
Das Wettergeschehen hat einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf jeden Flug – auch in der bemannten Luftfahrt. Die Wettersituation ist häufig sehr dynamisch und kann örtlich und zeitlich starken Schwankungen unterworfen sein. Seien Sie also jederzeit auf eine Änderung der Wetterlage gefasst und holen Sie vor dem Flug in jedem Fall ausreichende Wetterinformationen ein.
Bei sehr niedrigen Temperaturen, insbesondere unterhalb von 0°C kann die Kapazität der Batterien negativ beeinträchtigt werden. Achten Sie in diesem Fall verstärkt auf den Ladestand und planen Sie die Einsatzzeit entsprechend geringer ein.
Temperaturen unterhalb des Nullpunktes können vor allem in Verbindung mit einer hohen Luftfeuchtigkeit auch zu Vereisung an den Propellern oder Tragflächen führen. Dies wiederum beeinträchtigt die Aerodynamik und Flugeigenschaften erheblich und kann letztlich in einem Absturz resultieren.
Bei kritischen Wetterlagen, beispielsweise Temperaturen um 0°C in Verbindung mit vereinzelten Nebelfeldern, überprüfen Sie nach einem Probeflug die Oberflächen der Propeller oder Tragflächen auf Vereisungserscheinungen. Lassen Sie das UAS im Zweifel am Boden.
Sollte während des Fluges der Wind zunehmen, landen Sie das unbemannte Luftfahrzeug rechtzeitig, bevor es nur noch schwer zu kontrollieren ist. Bei starkem Wind sollten Sie vor allem nicht in der Nähe von Objekten fliegen, um Kollisionen zu vermeiden. Insbesondere Böen können eine Gefahr darstellen, weil diese plötzlich auftreten und sehr stark sein können.
Versuchen Sie, diese Wettersituationen frühzeitig zu erkennen. Landen Sie und beobachten Sie die Entwicklung des Wetters, bevor Sie erneut abheben. Insbesondere bei der Entwicklung von umliegenden Gewittern im Sommer besteht die Gefahr von heftigen und plötzlich auftretenden Turbulenzen innerhalb der so genannten „Böenwalze“ vor dem eigentlichen Gewitter.
Sichtverlust / „Fly-away“
Wenn sich das UAS außerhalb Ihrer Sichtweite befindet, sollten Sie sofort in den Return to Home (RTH) Modus wechseln, welcher bei fast allen unbemannten Luftfahrzeugen vorhanden ist. Zudem sind UAS in der Regel so programmiert, dass sie nach Verlust des Funksignals ebenfalls zur Startposition zurückkehren.
Wenn Sie die Kontrolle über Ihr UAS verloren haben und sie in eine nicht beabsichtigte Richtung fliegt, spricht man von einem „Fly-away“. Auch in diesem Fall sollten Sie zunächst schnellstmöglich die RTH Funktion auswählen. In Abhängigkeit von der Situation kann auch der Versuch einer sofortigen Landung eine Option sein – vorausgesetzt, dass niemand dadurch gefährdet wird.
Wenn Sie in der Nähe eines Flugplatzes fliegen und das unbemannte Luftfahrzeug in diese Richtung abdriftet, müssen Sie sofort die örtliche Flugsicherung informieren und die Anzahl der verbleibenden Minuten (der Batterie), sowie die allgemeine Richtung und Höhe des UAS angeben.
Absturz
Wenn Ihr UAS aufgrund technischer oder anderer Probleme tatsächlich zu Boden stürzt, können Sie leider nicht mehr tun als die Umstehenden lautstark vor dem Absturz zu warnen.
Anschließend sollte mindestens die Speicherkarte vom Flugregler wiederhergestellt werden, um herauszufinden, was passiert ist. Es betrifft Sie in dem Moment eventuell nicht mehr direkt, aber in der Luftfahrt haben Sie eine hohe Verantwortung gegenüber anderen. Informieren Sie dementsprechend die verantwortlichen Behörden, um dazu beizutragen, solche Vorfälle künftig zu vermeiden.
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